Held:innenreise
Held:innenreise

Held:innenreise

In seinem neuen „Format Future Dreaming Lab“ lädt der Hypnocoach, Transformationsbegleiter und Theaterwissenschaftler Jörg Leupold dazu ein, sich auf eine Held:innenreise zu begeben und dadurch die eigene Persönlichkeit weiterzuentwickeln.

Was genau ist eine Held:innenreise?

Bei der Held:innenreise empfängt der Held oder die Heldin einen Ruf, dem er oder sie früher oder später folgt. Unterwegs gilt es allerhand Hürden und Herausforderungen zu überwinden. Diese kann die Held:innenfigur aber gut meistern, weil er oder sie unterwegs auf Unterstützung durch Mentor:innen trifft. Am Ende der Reise hat sich die Held:innenfigur verändert und ihre Aufgabe gelöst, der Ruf wurde erfüllt. Diese Held:innenreise findet sich in verschiedenen Geschichten und Mythen, die seit Jahrhunderten erzählt werden. Das dokumentiert etwa der US-amerikanische Schriftsteller Joseph Campbell Mitte des 20. Jahrhunderts in seinem Standardwerk Der Heros in tausend Gestalten. Inzwischen wird die Held:innenreise bewusst in Drehbüchern verwendet und findet Anwendung in der Persönlichkeitsentwicklung.

Warum sollte man seinem inneren denn Ruf folgen?

Die Held:innenreise als Mentalreise hilft, die eigenen Wünsche und Bedürfnisse wahrzunehmen, sie sich bewusst zu vergegenwärtigen und ihnen dann Raum zu geben. Man zeichnet dadurch eine Art innerer Landkarte, und sich auf den Weg zu begeben, bedeutet, eigene Kompetenzen und Ressourcen auszubauen.

Welche bekannten Held:innenreisen gibt es?

Ein Beispiel ist Luke Skywalker aus Star Wars. Er wächst bei Adoptiveltern auf und erhält den Ruf durch Obi-Wan Kenobi, die Welt zu retten – was er anfangs nur halbherzig hört. Schlussendlich kann er sich dem Ruf aber nicht verweigern und begibt sich auf die bekannte Reise durch das Universum.

Du wendest die Held:innenreise im Hypnocoaching an. Träger jeder Mensch das Zeug zum Helden oder zur Heldin in sich?

Ja, ich gehe in meiner Arbeit davon aus, dass wir alle Held:innen unseres eigenen Lebens und unserer eigenen Herausforderungen sind. Wir kommen auf die Welt mit einer gewissen Gabe – das sind Dinge, die wir besonders gut können, persönliche Talente und Fertigkeiten. Unsere Lebensaufgabe besteht darin, diese Gabe in die Welt zu tragen und sie damit zu bereichern. Gleichzeitig sind wir alle auf irgendeine Weise verwundet. Die zweite Aufgabe besteht darin, diese Wunden zu heilen. Die Held:innenreise stellt sich als Methode dar, mit der man seine Gabe systematisch herausfinden oder Wunden heilen kann. Manchmal geht beides Hand in Hand.

Wann wäre das der Fall?

Ich denke zum Beispiel an den Erfinder der modernen Hypnotherapie, Milton Erickson. Er entging 1918 im Alter von 17 Jahren nur knapp dem Tod durch Kinderlähmung. Eine Polio-Infektion hatte ihn vorübergehend gelähmt. Er nutzte die Selbstsuggestion, um seine Bewegungsfähigkeit wiederzugewinnen, und starrte zum Beispiel stundenlang auf seine Hand. Währenddessen erinnerte er sich daran, wie es sich anfühlt, eine Heugabel zu halten. Irgendwann konnte er seine Hand tatsächlich wieder bewegen und an Krücken gehen. Hier haben wir die Wunde, die Kinderlähmung, und gleichzeitig die Gabe der Autosuggestion, mit der er sich geheilt hat.

Wie begleitest du jemanden auf der persönlichen Held:innenreise?

Zunächst versuche ich herauszufinden, welchen „Ruf“ jemand vernimmt. Kürzlich war beispielsweise ein Klient bei mir, der immer schon sehr gerne Drehbücher schreiben wollte, sich aber für einen Beruf entschied, der ihm mehr Sicherheit bietet als das Leben eines Autors. Denn das ist ihm als Familienvater ebenfalls sehr wichtig. Trotzdem blieb dieser Wunsch. In der Helden:innenreise, auf die ich ihn begleitet habe, ging es darum, in der Trance, also der Tiefenentspannung während der Hypnose, genauer hinzuschauen. Was passiert, wenn er dem Ruf, Drehbuchautor zu werden, folgt? Welche Ängste begegnen ihm? Welche Fürsprechende findet er?

Wie kann man Ängsten und Fürsprechenden auf der Held:innenreise Raum geben?

Ich arbeite mit einem metaphorischen Ansatz und frage entsprechend zum Beispiel: Wo lebt deine größte Angst? Wie sieht sie aus? Ihr Heim kann beispielsweise eine Holzhütte im Wald oder auf einem Berggipfel sein, und ihr Bewohner ist dann möglicherweise ein Gnom. Dadurch, dass die Angst Gestalt annimmt, verliert sie ein Stück weit ihre Bedrohung. Sie wird als das erkennbar, was sie ist: ein innerer Anteil, mit dem der Reisende ins Gespräch kommen kann. Der Fürsprechende ist sein Mentor. Wie sieht er aus? Wo lebt er? Welche Rolle kann er auf der Held:innenreise spielen? Mit solchen Fragen beschäftigt sich der Reisende ebenfalls in der Trance.


„Die Held:innenreise ist eine Methode, mit der man seine Gabe systematisch herausfinden und Wunden heilen kann.“

Jörg Leupold

Erscheint auf jeder Held:innenreise ein Mentor oder eine Mentorin?

Nach Joseph Campbell schon. Im Fall von Luke Skywalker ist das Yoda. Der Reisende kann sich seine:n Mentor:in aber in jeder denkbaren Gestalt vorstellen – als mythisches Wesen, zotteliges Tier oder einen Freund.

Über wie viele hypnotische Sitzungen erstreckt sich eine Held:innenreise?

Das ist ganz unterschiedlich. Sie kann sich innerhalb von einer Sitzung abspielen, aber genauso mehrere in Anspruch nehmen. Meiner Erfahrung nach braucht es eine Sitzung, um das Ziel herauszukristallisieren und dann weitere zwei bis drei Sitzungen für die Reise selbst.

Was steht am Ende der Reise?

Im besten Fall ist der Reisende sich näher gekommen – er hat Widerstände überwunden, also das, was im Film Gefahren sind, und ist gestärkt aus ihnen hervorgegangen.

Jörg Leupold

hat Theater und Filmwissenschaft sowie Psychologie und Philosophie an der FU Berlin studiert. Anschließend hat er sich zum systematischen Organisationsberater ausgebildet, seitdem begleitet er verschiedene Unternehmen auf ihrem Weg in die Digitalisierung. Am Zustand der Hypnose fasziniert den ausgebildeten Hypnocoach, dass die Trance einem Film gleicht, in dem man Zuschauender und Regieführender zugleich ist und Veränderung sehr einfach und sehr sinnlich initiieren kann.

Future Dreaming Lab

Jörg Leupold hat das „Future Dreaming Lab“ gegründet. Ein Ort, an dem individuelle und kollektive Zukünfte mit der Kraft der Hypnose erträumt werden.